Eichhof-Newsletter 30/2008 - 15.Dezember 2008

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Norbert Urbansky - ein Nachruf

Von Gaby Rijntjes
Norbert Urbansky ist am 21. November 2008 gestorben. Er leitete seit 2006 auf dem Eichhof Haus 4. Als Elternsprecherin möchte ich an ihn erinnern.
Frau Urbansky schilderte, dass er an diesem Freitagnachmittag auf dem Weg in den Garten, in dem er arbeiten wollte, plötzlich tot zusammengebrochen ist. Es hat keine Ankündigung und keine Zeit zum Abschiednehmen gegeben.

Trotz der Kürze der Zeit auf dem Eichhof ist allen, die mit ihm gearbeitet und gelebt haben bewusst, dass sein Platz nicht gefüllt werden kann. Er war ein ganz besonderer Mensch!

Sein Auftauchen vor zwei Jahren beobachteten wir Eltern von Haus 4 gespannt und ausgestattet mit einer gehörigen Portion Vorsicht und Abwehr. Schließlich hatte es vorher nach mehreren Wechseln in der Hausleitung einen Abschied voller Konflikte und schlechter Stimmung gegeben.
Unser erster Kontakt fand auf einem Elternabend statt. Norbert Urbansky war jemand, der sich sympathisch und bescheiden vorstellte und dem man das Unbehagen einer so exponierten Rolle anmerkte. Er strahlte Engagement und Interesse an der Arbeit auf dem Eichhof aus, "sei sich aber noch nicht sicher, ob er bleiben würde und wünsche sich eine längere Probezeit".

Ab und zu fragten wir dann interessiert, wie "es denn aussähe" mit dem Bleiben und er betonte, er "brauche noch Zeit…".
Irgendwann kündigte er sich dann – noch während dieser Probezeit – zu Hausbesuchen bei uns Eltern an.

Danach teilten wir den Eindruck, dass Norbert Urbansky unsere Kinder beeindruckend schnell kennen gelernt hatte und bereits sehr genaue Bilder von ihnen zeichnen konnte. Überhaupt hatte er sich viele Gedanken um die Gruppe und ihre einzelnen Mitglieder gemacht. Erste Pläne schimmerten durch: Schluss mit dem "Hotelbetrieb", mehr Mitverantwortung und Selbständigkeit der Bewohner sei gefragt. Das entsprach seinem Menschenbild von erwachsenen Bewohnern, die nicht nur "versorgt" werden sollten.
Spätestens zu diesem Zeitpunkte haben wir Eltern uns gewünscht, dass Norbert Urbansky seine Pläne die Familie aus Borken nachkommen zu lassen in die Tat umsetzen und bleiben würde. Uns wurde langsam klar, dass da - nach all den Jahren der Irrungen und Wirrungen in Haus 4 - ein echter Hoffnungsträger für "neue Zeiten" aufgetaucht sein könnte.

Dementsprechend groß war die Freude über seine endgültige Entscheidung zu bleiben!

Es gab einen legendären Putztag in Haus 4, von dem wir Eltern glücklich zurückkehrten mit dem Gefühl, mit Norbert Urbansky einen Menschen getroffen zu haben, der wieder Luft zum Atmen und Humor ins Haus gebracht hatte. Mit ihm gemeinsam haben wir an diesem Tag das Haus entrümpelt, umgeräumt und neu "gestylt". Als Eltern fühlten wir uns vermehrt gesehen und verstanden. Da war ein Hausleiter, der uns fachlich kompetent begleitete, den Dialog mit uns suchte und uns wertschätzend begegnete.

Die Veränderungen waren rasant! Plötzlich gab es "feste Dienste" im Haushalt, eigene Zimmerschlüssel und gemeinsames Putzen. Man hörte von Besuchen im Fußballstadion, von Konzerten und Stadtbummeln. Für das vorher eher isoliert lebende Haus 4 ein Novum.
Der Aufbruch löste bei uns Eltern auch vermehrt Fragen, Ängste und Bedenken aus. Norbert Urbanyky verstand es so sehr, in für uns schwierigen Zeiten unsere Ratlosigkeit zu erkennen und gemeinsam mit uns nach Lösungen zu suchen. Meistens hörte er sich erst einmal alles in Ruhe an, dachte nach und hatte dann einen Vorschlag oder Kommentar der "saß".

Vertrauen wurde ein wieder spürbarer Begriff in Haus 4!
Wir alle, Bewohner und Eltern mochten seine ruhige, freundliche Zugewandtheit, seinen verschmitzten Humor und seine ehrliche Präsenz.

In letzter Zeit äußerte er manchmal, dass die knappe Personalbesetzung belastend für ihn sei und so viele Abstriche in der Qualität der Arbeit erfordere. Er wünschte sich, den Bewohnern mehr bieten zu können. Außerdem fühle sich seine Familie immer noch nicht heimisch in Nümbrecht, wo sie seit 2007 wohnte.

Nach einem arbeitsintensiven Sommer, in dem er eine Ferienfahrt unserer Bewohner nach Spanien begleitete, freute er sich sehr über seinen Herbsturlaub. Diesen nutze er, um mit der Familie nach Portugal zu fahren.

Besonders schätzen gelernt hatten wir schnell die Briefe an uns, in denen Norbert Urbansky auf ganz persönliche Art regelmäßig Stimmungen und Ereignisse in Haus 4 schilderte und uns informierte. Nach seiner Rückkehr aus Portugal hatte sein (wie wir jetzt wissen letzter) Brief an uns Eltern die Überschrift "Was vergangen ist, ist vergangen..."
Diesen Text hat er auch einige Tage vor seinem Tod in der Häuserkonferenz zur Einstimmung vorgelesen:

"Letztes Wochenende! Der Sonntagsabend rundet ein fast entspanntes Wochenende ab: Andacht, Kinoabend, Spaziergänge, Ausschlafen, Winterzeitumstellung. Am gemeinsamen Abendessen nimmt die ganze Gruppe teil. Es gibt viel zu erzählen, bei einigen besteht sogar ein ausgesprochen großes Mitteilungsbedürfnis. Zunehmend kristallisiert sich das Thema "Verlust oder Tod eines bedeutsamen Menschen oder von etwas besonders lieb gewonnenem" heraus. Sicherlich aufgrund von zwei Situationen aus dem persönlichen Umfeld der Mitarbeiterschaft sprechen die BewohnerInnen über ihre ganz individuellen Erfahrungen. So haben einige den Verlust eines Elternteils, eines Verwandten, Freundes oder des zur Familie gehörenden Haustiers zu bewältigen.
Die Experten reden von Trauerprozessen in unterschiedlichen Phasen. Doch jeder Mensch trauert anders. Unser Abendkreis gestaltete sich als eine sehr emotionale, einfühlsame Gesprächsrunde. Erinnerungen werden ausgetauscht, Anteilnahme gezeigt, Rituale besprochen. Es wurde gelacht, aber es waren auch Tränen sichtbar, eine Situation, die ich nicht mit Worten beschreiben kann.

Was vergangen ist, ist vergangen..., so habe ich es heute Abend gelernt, heißt dann wohl, dass wir uns nach einer ganz persönlichen Trauerzeit mit der neuen Situation arrangieren müssen.
Ich bin dankbar, dass ich an dieser Runde teilhaben durfte."

Unser Haus ist in der Zeit der gemeinsamen Trauer eng zusammengerückt, die Mitarbeiter haben auf sehr einfühlsame Art die Bewohner begleitet.

Wir sind voller Dankbarkeit für den "Geist des Hauses", für den im hohen Maß Norbert Urbansky verantwortlich gemacht werden kann. Diesen Geist in seinem Sinne zu erhalten, dafür werden wir uns alle einsetzen!

Besonders Frau Urbansky und den beiden Söhnen wünsche ich für die kommende Zeit, für den Umzug nach Borken und bei der Überwindung dieses plötzlichen und großen Verlustes, alles Gute, viel Beistand und Kraft!

Norbert Urbansky werden wir als Mensch auf dem Eichhof sehr vermissen!
Er lebt in vielen Erinnerungen!

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Mit freundlichem Gruß

Michael Ziegert
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